
Der angesetzte Termin für das Wiederholungsspiel erhöht spürbar das Verletzungsrisiko für beide Teams. | Foto: Norman Gunkel
In den vergangenen Wochen bestimmte ein Thema die Schlagzeilen der deutschen Handballwelt: die Annullierung der Spielwertung und die Neuansetzung der Partie gegen TuSEM Essen. Eine turbulente Zeit – für Spieler, Trainer, das Management und für die Fans. Viel wurde darüber geschrieben und berichtet. Einzig die Auswirkungen auf die Spieler der beiden Vereine, die letztendlich am Sonntag ab 17:00 Uhr im Sportpark „Am Hallo“ im Mittelpunkt stehen werden, fehlte fast durchgängig.
Was bedeutet so ein Spiel mitten in der Regenerationsphase eigentlich für die Spieler? Es sind schließlich sie, die am Sonntag in Essen auf der Platte stehen – obwohl ihr Körper auf Erholung eingeschaltet sein sollte. Eine Pause, die nach einer intensiven, kräftezehrenden Saison dringend nötig ist. Körperlich wie mental. Ist es also verantwortungslos, 22 Tage nach dem letzten Spieltag mit einer kurzen Vorbereitung in ein so bedeutsames Spiel zu gehen? Verlangt man den Spielern wohlmöglich zu viel ab? Oder ist das alles gar nicht so dramatisch für einen Handballprofi? Diese Fragen verdienen Gehör – besonders jetzt.
DRHV-Teamärztin Cindy Schödel hat dazu eine klare Meinung: „Verantwortungslos würde ich es nicht nennen – eher ein ungünstig gewählter Zeitpunkt für das Wiederholungsspiel. Man hätte sich früher entscheiden müssen, um idealerweise einen Termin in unmittelbarer Nähe des letzten Spieltags zu finden. Aus sportmedizinischer Sicht wäre das deutlich unproblematischer gewesen.“ Was die Medizinerin meint, ist die damit verbundene erhöhte Verletzungsanfälligkeit der Spieler. Nach einer langen Saison sind vor allem die Ansetze von Muskeln, Bändern und Sehen stark beansprucht und benötigen eine Erholungspause. Wird dem Körper diese nicht gewährt, steigt das Verletzungsrisiko signifikant.
Doch es geht nicht nur um den Körper – auch die Psyche spielt eine zentrale Rolle. „Wenn der Kopf keine echte Pause bekommt, kann das in ein chronisches Überlastungssyndrom führen“, erklärt Schödel. „Die Reaktionsfähigkeit nimmt ab, das Leistungsvermögen sinkt – und damit steigt auch das Risiko für sportarttypische Verletzungen.“ Zudem komme es bei mentalem Dauerstress zu einer vermehrten Ausschüttung von Cortisol, welches oft als Stresshormon bezeichnet wird. Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel könne zu Schlafstörungen, Magen-Darm-Problemen und Muskelabbau führen.
Die späte Ansetzung bleibt dazu nicht ohne Nachwirkungen – auch nicht für die kommende Spielzeit. Bereits am 7. Juli ruft das neue Trainerteam der Biber zum Auftakt der Saisonvorbereitung. Nur gut eine Woche nach dem Wiederholungsspiel in Essen. „In der Vorbereitung kämpfen viele Spieler ohnehin mit kleineren Verletzungen“, sagt Teamärztin Schödel. „Das liegt daran, dass das System nach der Pause erst langsam wieder hochgefahren wird. Wenn die Regenerationsphase davor allerdings zu kurz war, wie in diesem Fall, steigt das Risiko nochmal deutlich.“ Für die Verantwortlichen beim DRHV heißt es dann: Genau hinsehen, präventiv arbeiten und Belastungen individuell anpassen.
Nun also richtet sich zum letzten Mal in der Saison 2024/25 der Blick nach vorn – voller Fokus auf das Wiederholungsspiel. Trotz aller Umstände und trotz der kurzen Vorbereitung bleibt das Ziel klar formuliert: Das Spiel soll gewonnen werden. Der Dessau-Roßlauer HV gehört in die 2. Handball-Bundesliga – und genau das will das Team um Kapitän Vincent Bülow am Sonntag auf der Platte beweisen. Anpfiff des Wiederholungsspiels ist um 17:00 Uhr im Sportpark „Am Hallo“. Geleitet wird die Partie von den erfahrenen Schiedsrichtern Tobias Tönnies und Robert Schulze.
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DIE LETZTEN DUELLE
Dessau-Roßlauer HV – TuSEM Essen 33:27 (22.11.2024)
TuSEM Essen – Dessau-Roßlauer HV 23:28 (23.03.2024)
ÜBERTRAGUNG
Live-Stream: Das Spiel wird ab 17:00 Uhr auf DYN übertragen
Live-Ticker: Live-Ticker der 2. Handball-Bundesliga